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Sure 15: die Stadt der Felsen   (übersetzt von Martin)

Sure 15 trägt den Titel Al-Hidschr, was verschiedenartig übersetzt wird als "Tal aus Stein", "Das steinige Land", "Felsenstadt", "Felsgebiet", usw. Viele Übersetzungen geben den Titel gar nicht auf Englisch wieder, weil es ein Ortsname ist, der in Vers 80 erwähnt wird. Al-Hidschr war ein weiterer Ort, der die Gesandten Allahs abwies und zerstört wurde. Es handelt sich um eine weitere späte mekkanische Sure, offenbart zu einem Zeitpunkt großer Spannungen zwischen den Muslimen und den heidnischen Quraisch von Mekka - und zu einem Zeitpunkt, als Mohammed sich selbst offenbar ein bisschen entmutigt fühlte, so dass Allah sich bemühte, ihn aufzumuntern.

Die Verse 1-15 kritisieren scharf die Halsstarrigkeit der Ungläubigen. Der Koran ist ein deutliches Buch (Vers 1), und die, die den Islam ablehnen, werden sich eines Tages wünschen, sie wären Muslime geworden (Vers 2). Laut Ibn `Abbas und Anas bin Malik sowie Abu Musa ist dieser Vers die Antwort auf die höhnischen Bemerkungen der Ungläubigen gegenüber den muslimischen Sündern in der Hölle. Wenn die Götzendiener den Muslimen sagen, dass "das, was ihr auf Erden angebetet habt, euch nicht geholfen hat", wird Allah wütend werden und die muslimischen Sünder aus der Hölle herausholen - und dann werden die Ungläubigen, in der Hölle zurückgelassen, wünschen, sie hätten den Islam angenommen. Aber in der Zwischenzeit soll Mohammed die Ungläubigen ihr Leben genießen lassen (Vers 3), wissend, dass niemand dem von Allah verfügten Schicksal entgehen kann (Verse 4, 5). Diese Sure scheint sich auszumalen, dass jenes Verhängnis erst am Tag des Gerichts kommen wird, aber später in seiner prophetischen Karriere begann Mohammed, wie wir in Sure 9 und anderswo festgestellt haben, sich selbst und die Muslime als Instrumente für Allahs Zorn auf die Ungläubigen, einschließlich der Juden und Christen, zu sehen.

Die Ungläubigen machen sich über Mohammed lustig, nennen ihn einen Verrückten (Vers 6) und fordern von ihm ein Wunder - ihnen die Engel zu zeigen (Vers 7). Doch Allah schickt keine Engel ohne triftigen Grund zur Erde, und wenn, dann nur um die Ungläubigen zu bestrafen (Vers 8). Allah wird den Koran beschützen (Vers 9), so der Tafsir (Koran-Kommentar) "al-Jalalayn", "gegen Ersetzung, Entstellung, Hinzufügungen und Auslassungen". Das ist der Grund, weshalb die Aussicht auf wechselnde Korantexte aus muslimischer Perspektive so gefährlich ist - authentische wechselnde Lesarten des Koran würden Allahs Zusicherung in diesem Vers zunichte machen.
[Sehr interessant ist dazu der Artikel im Wall Street Journal (englisch) über die Wiederentdeckung des Photo-Archivs alter Koranmanuskripte an der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, i-d.info]

Ibn Kathir erklärt die Verse 11-13: "Seinen Gesandten für die Zurückweisung durch die ungläubigen Quraisch tröstend erklärt Allah, dass er schon Gesandte zu den Völkern der Vergangenheit geschickt hat, und kein Gesandter kam je zu einer Nation, ohne dass sie ihn abgewiesen und verspottet hätte. Dann sagt er ihm, dass er Unglauben in die Herzen von jenen Sündern eingehen läßt, die zu halsstarrig und zu arrogant sind, seiner Leitung zu folgen." Hier ist der Unglaube erneut eine Angelegenheit von Allahs Willen, der nicht zurückgewiesen oder außer Kraft gesetzt werden kann. Aber die Ungläubigen werden den Islam nicht annehmen, selbst wenn sie unglaubliche Visionen zu sehen bekommen (Verse 14, 15).

Die Verse 16-27 berichten von Allahs schöpferischer Macht bei der Gestaltung des Universums. Wir werden erinnert, dass er verschiedenartige Dinge geschaffen hat, gipfelnd in dieser fesselnden Passage: "Wir (allein) machen lebendig und lassen sterben, und wir (allein) sind es, die (als einzig Überlebende alles) erben" (Vers 23) - das heißt, der einzige, der überlebt, wenn alle anderen sterben. Allah schützt die Menschheit vor "jedem gesteinigten Satan" (Vers 17), "außer wenn einer verstohlen horcht, worauf ihm eine wirkungsvolle Flamme hinterherfolgt" (Vers 18). Dies wird ausführlicher in 37:7-10 erläutert, wo wir erfahren, dass die rebellischen Geister versuchen, dem "obersten Rat" zuzuhören, es aber nicht können, weil sie von einer hellen Flamme verjagt werden. Allah erschuf die Menschen "aus trockenem, tönenden Lehm, aus schwarzem, zu Gestalt gebildetem Schlamm" (Vers 26) und die Dschinn "aus dem Feuer der sengenden Glut" (Vers 27).

Die Verse 28-42 erzählen die Erschaffung Adams, den Suren 2:30-39 und 7:11-25 entsprechend. Satan verweigert Allahs Befehl, sich vor Adam niederzuwerfen (Vers 31), und wird umgehend aus dem Paradies ausgewiesen (Vers 34), aber ihm wird Aufschub gewährt (Vers 37), woraufhin er schwört, die Menschen irrezuführen (Vers 39) - außer Allahs Diener (Vers 40), wenngleich Allah eine Ausnahme verrät und Satan sagt: "Über meine Diener hast du keine Vollmacht, abgesehen von denen, die abirren und dir folgen" (Vers 42). Der Tafsir "al-Jalalayn" erläutert, dass die zwei Gruppen in diesem Vers einfach die Gläubigen und die Ungläubigen sind: "mit anderen Worten, über meine aufrichtigen Diener, das heißt, die Gläubigen, sollst du keine Befugnis, [keine] Macht haben, außer denen, die dir unter den Bösen, den Ungläubigen folgen."

Die Verse 43-50 kehren zu den Qualen der Hölle und den Freuden des Paradieses zurück. Die Hölle hat sieben Tore (Vers 44). Laut dem Korankommentar Ruhul Ma’ani bekommen die Juden, die Christen, die Polytheisten, die Heuchler und andere Gruppen jede ihr eigenes Tor. Dann erzählen die Verse 51-77 die Geschichte von Abraham, Lot und dem nicht mit Namen genannten Sodom und Gomorra, also den Bericht aus Genesis 17-19. Wie bei anderen koranischen Nacherzählungen biblischer Geschichten ist der koranische Bericht stromlinienförmig und von Nebenhandlungen befreit, um sich scharf auf die Ablehnung der Wahrheit durch die Ungläubigen und deren anschließende Bestrafung zu konzentrieren. Abrahams Besucher, Gesandte Allahs (Vers 57), sagen ihm, dass er trotz seines fortgeschrittenen Alters Vater werden wird (Verse 53-55) und dass sie gekommen sind, um Lot und seine Leute zu retten, mit Ausnahme seiner Frau (Vers 60), während sie die Übeltäter bestrafen. Jene Übeltäter kamen wegen der jungen Männer (Vers 67) - d.h. der Gesandten - aber Lot bittet sie, stattdessen seine Töchter zu nehmen (Vers 71). Die Stadt wird zerstört (Vers 74). Die Verse 78-84 erzählen von der ähnlichen Vernichtung der "Leute des Dickichts" (Vers 78) und der "Leute von al-Hidschr" (Vers 80).

Schließlich, in den Versen 85-99, tröstet Allah Mohammed für die Ablehnung und den Spott, dem er von Seiten der Ungläubigen begegnet ist. Er hat Mohammed und den Muslimen große Gunst erwiesen, als er ihnen die "sieben zu wiederholenden Verse" (Vers 87) - das heißt, Sure 1, die Fatiha, das am häufigsten wiederholte Gebet im Islam - und den Koran gegeben hat. Sie sollen nicht neidisch auf das sein, was Allah anderen Menschen gegeben hat, oder wegen der Ungläubigen traurig sein (Vers 88) - die Muslime sollen, in den Worten von Ibn Kathir, "zufrieden sein mit dem großartigen Koran, den Allah euch gegeben hat, und sehnt euch nicht nach dem Luxus und den vergänglichen Freuden, die sie haben." Jene, "die den Koran zergliedert haben" (Vers 91), sind laut Ibn `Abbas "die Leute des Buches, die das Buch in Teile gegliedert haben, wobei sie an einige von ihm glaubten und einige von ihm verwarfen." Andere jedoch meinen, dass sich das auf die Quraisch bezieht, die, indem sie Mohammed beschuldigten, verrückt oder besessen zu sein, den Koran zerstückelten. Laut Ibn Ishaq hielten die Quraisch eine Versammlung darüber ab, wer Mohammed ihrer Meinung nach wirklich war, und zogen dabei die Möglichkeiten in Betracht, dass er ein Wahrsager war oder verrückt oder ein Poet oder ein Zauberer, bevor sie sich schließlich für Letzteres entschieden und die Offenbarung von Vers 94 auslösten, "bis zu dir kommt, was (allen) gewiß ist" (Vers 99).

Nächste Woche: Sure 16, "Die Biene": "Den Menschen hat Er aus einem Tropfen erschaffen. Und doch ist er gleich offenkundig streitsüchtig."

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Englischer Original-Artikel:
        BLOGGING THE QUR'AN, Blogging the Qur’an: Sura 15, “Rock City”

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        Adel Th. Khoury, ISBN alt: 3579080245, ISBN neu: 978-3579080246
        Rudi Paret, ISBN alt: 3170198297, ISBN neu: 978-3170198296

Online existieren n.a. folgende deutschsprachige Nachschlagemöglichkeiten:
        theology.de
        Saudisches Dawa-Ministerium
Zu unserem großen Bedauern ist die Übersetzungs-Synopsis der Nur-Koraner (war mal www.nur-koran.de) aus dem Netz verschwunden.

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